Fast zehn Jahre ist es her, dass Hurrikan Katrina über New Orleans gefegt ist. Und noch immer kann man die Wunden sehen, die der Jahrhundertsturm in der quirligen Südstaatenmetropole hinterlassen hat. Doch die USA wären nicht die USA, wenn man nicht sogar aus der Katastrophe Kapital schlagen würde.
Auf der „Hurricane Katrina Tour“ fährt Reiseführer George Stutts mit Touristen in einem klimatisierten Bus durch die Stadt. Haltepunkte: Die Viertel von New Orleans, das zu 80 Prozent überflutet war. „Sehen sie die Unterschiede zwischen dem Wasserspiegel des Kanals und den Häusern daneben?“, fragt er und zeigt auf eine Häuserzeile neben dem Industriekanal, der den Mississippi mit dem Lake Pontchartrain verbindet. „Das Wasser ist dort 3 bis 5 Meter höher als in den Wohnvierteln daneben“, sagt Stutts. Und in der Tat würden die Häuser erst ab der Hälfte des ersten Obergeschosses aus dem Wasser ragen, wenn man sie hineinsetzen würde. Deswegen sei die Stadt nach dem Deichbruch durch Katrina schnell abgesoffen, meint Stutts.
Versicherung durch Zufall
Der Wiederaufbau immerhin ist in vielen Stadtteilen fast abgeschlossen. „Besonders in die ärmeren Viertel, wie die Ninth Ward sind aber wesentlich weniger Menschen zurückgekehrt“, erzählt der Stutts, der in New Orleans aufgewachsen ist. Für ihn war es jedoch nie eine Frage. „Ich bin das erste Mal nach dem Sturm zurückgekehrt, als die Regierung uns für einen Ein-Tages-Besuch gelassen hat“, sagt er. Die Stadt stand in Teilen immer noch unter Wasser. Er entschied sich wieder aufzubauen, auch weil er verdammtes Glück hatte. „Ich hatte mir Wochen zuvor ein Auto gekauft. Um einen Ratenkredit zu bekommen, musste ich eine Hochwasserversicherung abschließen. Ohne den Kredit hätte ich die nie abgeschlossen.“ So bekam er den Großteil der Schäden an Haus und Besitz erstattet.
Andere Menschen hingegen hatten weniger Glück. Als der Bus durch die Ninth Ward, eines der ärmsten Viertel des Big Easies, wie New Orleans auch genannt wird, fährt, zeigen sich noch immer viele Ruinen. „Viele hier hatten keine Versicherung, einige sind auch umgekommen“, erzählt Stutts. Insgesamt starben durch Katrina mindestens 1800 Menschen. Es werden aber noch viel mehr vermisst. Die Stadt hat durch den Sturm zudem fast ein Viertel der Bevölkerung verloren.
Marschkapelle zwischendurch
Dennoch kam der Großteil der Bewohner zurück und sie sind stolz darauf. „We survived Katrina“ liest man immer mal wieder in der Stadt. Und auch die Touristen strömen weiter durch die Stadt, die den Ruf als eine der liberalsten und multikulturellsten der USA genießt. Abends schieben sich Tausende durch die zahlreichen Musikclubs im French Quarter rund um die Bourbon Street oder durch die nahe Frenchmen Street. In Clubs wie „The Spotted Cat“ oder dem „Maison“ spielen jeden Abend Jazz- oder Bluesbands kostenlos. Wenn das eine Konzert vorbei ist, beginnt meist ein anderes in der nächsten Bar. Auch wer zum Rauchen vor die Tür geht, sieht nicht selten komplette Marschkapellen tanzend und trompetend durch die Straße ziehen.
Einzigartige Cajun-Küche
Nicht nur die Musik macht New Orleans bis heute einzigartig. Louisiana als Heimat der französischsprachigen Arkadier, ist auch kulinarisch einer der Schmelztiegel der USA. In Kochschulen wie der New Orleans School of Cooking kann man regionalen Köchen bei der Zubereitung des Gumbo zuschauen. „Das ist ein Eintopf und typisch für Louisiana“, sagt Harriet Robin (73), die an diesem Tag Schauköchin ist. Meistens wird er mit Shrimp zubereitet, für den Louisiana ebenfalls berühmt ist. „Aber eigentlich kann man da alles reinwerfen. Ich kenne Leute, die kochen Eichhörnchen-Gumbo oder Frosch-Gumbo“, erzählt Harriet Robin. Die Zubereitungsweise kommt von den Arkadiern und die Zutaten aus der Gegend, weil man die ursprünglich europäischen Gerichte mit lokalen Zutaten nachkochen musste und manchmal gab es eben nur Eichhörnchen oder Frösche“, sagt sie. Immerhin schränkt sie das alles dann jedoch wieder ein. „Nur eines darf niemals an den Gumbo: Tomaten“, sagt sie. Echter Gumbo müsse braun sein. „Sonst ist ihn kein echter Arkadier.“
Einen Hurricane auf den Hurrikan
Mindestens genauso stolz wie auf das Essen ist man in New Orleans aber auf die Getränke. So gilt die Mississippi-Metropole auch als Cocktail-Hauptstadt. Ein Muss für jeden Besuch ist deshalb nicht zuletzt ein Sazerac, der als erster Cocktail der Welt gilt. „Einen ziemlich guten Sazerac kann man an der Bar des Hotel Monteleone trinken“, erzählt Brian Huff bei der Cocktail Tour von Grayline. Die Bar ist ein altes Karussell und dreht sich auch heute noch. „Hier haben schon Ernest Hemingway und Truman Capote getrunken“, berichtet er. “Hemingway hat sogar Leute von seinem Stammplatz runtergeworfen.” Doch viel bekannter und beliebter als der Sazerac ist ein Cocktail der seinem Namen in New Orleans alle Ehre macht. „Der Hurricane ist das Lieblingsgetränk der Stadt“, so Huff. Den besten soll man bis heute im Pat O’Briens bekommen, wo er erfunden wurde. Wem das nicht genug ist, der kann sich an einem knappen Dutzend weiterer Cocktails aus New Orleans versuchen.
Bootsfahrt auf dem Mississippi wie Huckleberry Finn
Dann schwankt man am Ende vermutlich aber so wie ein Boot auf dem Mississippi. Da liegt der Gedanke nahe, dann vielleicht doch lieber gleich auf ein Boot zu steigen um den viertlängsten Strom der Erde zu erleben. Und was gibt es am Mississippi schöneres als einen alten Raddampfer? Die “Natchez” bietet solche Ausflüge . Sie ist zwar kein Original aus der Zeit Mark Twains, dennoch kann man auf der Bootstour viel besser die Weite des drittlängsten Flusses der Welt erfassen, während im Bordrestaurant eine Blaskapelle Jazzrhythmen spielt.
Mit dem Fluss versöhnt
Mit dem Fluss hat sich die Stadt wieder versöhnt. „Es gibt nun bessere Notfallpläne und die Deiche wurden verstärkt. Zudem wird die Stadt viel schneller geräumt, wenn Hurricanes im Anmarsch sind“, erklärt George Stutts auf der Katrina-Tour. “Aber wäre es nur um die Touristenattraktionen gegangen, man hätte New Orleans wohl nicht wieder aufgebaut”, erklärt Stutts. “Der eigentlich Grund sind die knapp 30 Raffinerien, die es in der Umgebung der Stadt gibt.” Wenn man der Ölindustrie sonst nicht viel abgewinnen kann, an einem Abend bei Gumbo und einem Sazerac lernt man sie zu schätzen.
New Orleans Tour Tipps
Ich habe in New Orleans an folgenden Touren und Kursen teilgenommen:
- Hurricane Katrina Tour (3 Stunden, 49 Dollar)
- New Orleans Cocktail Tour von Grayline (2,5 Stunden, 29 Dollar)
- Kochkurs an der New Orleans School of Cooking (2,5 Stunden, immer 10 Uhr, 32,50 Dollar, inklusive Essen, Bier)
- French Quarter Tasting von New Orleans Culinary History Tour (3 Stunden, 46 Dollar)
- Bootstour auf dem Dampfschiff Natchez (2 Stunden, 29,50 Dollar, 40,50 mit Mittagessen)
Falls ihr euch nicht entscheiden könnt, dann würde ich die Katrina-Tour empfehlen, dazu das Dampfschiff. Wenn ihr gern wisst, wie man das Essen kocht, dann in die New Orleans School of Cooking, wenn euch die Geschichte interessiert, dann in die Culinary History Tour. Essproben gibt es bei beiden. Yummy!
Danke an Grayline New Orleans, New Orleans School of Cooking, New Orleans Culinary History Tours und das Fremdenverkehrsbüro New Orleans/Louisiana für die Einladung. Meine Meinung bleibt von den Einladungen unberührt. Aber das muss ich euch ja nicht sagen.
Hallo Peter,
klasse Artikel, den hätte ich echt vor meinem Trip nach New Orleans lesen sollen! Wie viele Tage warst du dort, um diese ganze Touren mitzumachen?
Liebe Grüße, Synke
Hallo Synke,
danke für das Lob! Ich war insgesamt fünf Tage in New Orleans. Waren echt einige Touren und das Timing hat auch nicht ganz hingehauen. Aber In NOLA kann man auch sowieso noch viel länger bleiben.
Wie lange warst Du dort?
LG
Peter
Leider nur einen Tag! Ich habe dazu heute einen Artikel veröffentlicht und da hat Mandy von Travel Roads deinen Beitrag bzgl. der Katrina-Tour empfohlen. Fünf Tage hören sich wirklich gut an, um wirklich etwas in die Stadt einzutauchen wie du es getan hast.
LG Synke
[…] eine Katharina Tour, eine Mississippi Fahrt und einen Kochkurs mitgemacht und schreibt hier […]